Reinfried Blaha wurde am 11. März 1978 in Graz geboren. Als er am 11. Februar 2006 einen schweren Skiunfall erleidet, weiß er noch nicht, dass er sieben Jahre später darüber Vorträge an Universitäten halten wird.
Er ist bei vollem Bewusstsein, als der Hubschrauber seinen unterkühlten Körper ins nächste Spital fliegt. Er wird notoperiert und als er aufwacht, ist er querschnittsgelähmt.
Kurz nach dem Unfall spürte Reinfried Blaha sich noch bis zur Hälfte seiner Oberschenkel, doch mit jedem Tag wanderte die Lähmung Wirbel um Wirbel nach oben. Die Ärzte kannten einen solchen Fall nicht und waren ratlos.
Nach einem Monat hatte die Lähmung den Halswirbel C4 erreicht. Bei Schädigung des Halswirbels C3 setzt die selbständige Atmung aus. Nach einem Monat stoppte die Lähmung glücklicherweise so plötzlich und rätselhaft, wie sie begonnen hatte und blieb auf Höhe der Brustwarzen stehen. Mühsame Wochen im Reha-Zentrum folgten. Es war ein langsamer Übergang zurück in ein Alltagsleben.
Er wollte Stararchitekt werden – heute spielt das für ihn keine Rolle mehr. „Der Unfall hat mein Wertesystem durchgerüttelt“, sagt Blaha. „Die Frage war nicht mehr: Wie viel verdiene ich, sondern, wie ziehe ich mir selbständig eine Hose an“.
Im August 2010 machten seine damalige Freundin Viktoria Reitter und er sich auf den Weg, eine neue Welt zu entdecken. Sie reisten ein Jahr lang mit dem Rollstuhl durch Mexiko und Zentralamerika. Für die nächsten 11½ Monate sollte „Barrierefreiheit“ nicht nur sprachlich ein Fremdwort bleiben.
Nach ihrer Rückkehr erlebten die beiden einen schlimmeren Kulturschock, als bei der Ankunft in Südamerika. Nach und durch diese Reise dachten beide lösungsorientiert statt problemorientiert, was sie auch in ihren Vorträgen über diese Reise weitergaben, bei denen sie Einblicke in ihren Alltag mit und ohne Behinderung ermöglichten, einmal aus seiner Sicht, einmal aus ihrer.
„In Europa fordern die Menschen Anerkennung über Effizienz und Produktivität ein.
Dabei geht es in weiterer Folge doch eigentlich darum, geliebt zu werden“, sagt Blaha.
Reinfried Blaha wollte mit den Vorträgen andere Menschen für das Thema Behinderung sensibilisieren und Mut machen, selbst Grenzgänge zu wagen. „Was ich kann und was nicht, kann mir niemand erzählen – das musste ich selbst herausfinden“, sagt Blaha.
Mittlerweile unterrichtet er „Barrierefreies Bauen“ an der Technischen Universität in Graz und ist
Vorstandsmitglied im Verein „Initiativ für behinderte Kinder und Jugendliche“.
„Für mich sind Barrierefreiheit, Inklusion und ein selbstbestimmtes Leben kein sozialer Hilfsakt,sondern ein Menschenrecht!“, meint Blaha. Besser hätte man es unserer Meinung nach nicht ausdrücken können!
Nach der Gala verschob sich der Lebensmittelpunkt unseres Preisträgers von Graz nach Berlin. Wir wünschen ihm alles Gute in dieser speziellen Stadt, von der er sicher die besten Seiten in sich aufsaugen wird…
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